Dirk Naumann
Wenn Napoleon nicht gewesen wäre…
…wäre ich vielleicht nur 500 km gelaufen.
Eigentlich hätte diese Geschichte genauso nach Deutschland, direkt an den Anfang des Weges gepasst. Denn Sie beginnt am zweiten Tag meiner Reise und endet in Paris.
Zweite Tagesetappe. Es liegen noch keine 50 km hinter mir. Der Weg, die Via Regia, führt durch den kleinen Sächsischen Ort Wurschen. Dort steht ein Schloss, welches sich heute im Privatbesitz befindet und Wohngebäude ist.
In meinem Wanderführer lese ich die Geschichte über das Schloss Wurschen, den Tilsiter Frieden, über Napoleon und die Befreiungskriege gegen Napoleon. So war dieses Schloss, während der Schlacht um Bautzen bzw. Schlacht um Wurschen (Bataille de Wurschen) am 20. & 21. Mai 1813 das Hauptquartier der verbündeten, Russen und Preußen.
Ich erfahre, dass nach der für Napoleon siegreichen Schlacht die Inschrift „Wurschen“ am Pariser Triumphbogen erfolgt sein sollte. Ein Gedanke schießt mir durch den Kopf. „Ob das stimmt? Das müsste man doch gleich Mal überprüfen.“ Gleich, im Sinne von: „Was wäre, wenn ich nach Paris laufe..?“
„STOPP!“ – rief mein Verstand. „DU SPINNST!“ – lachte meine Vernunft. „VOLLKOMMEN IRRE!“ – kicherte meine nicht vorhandene Erfahrung. So schnell wie diese Idee kam, so schnell habe ich sie wieder unterdrückt. Aber der Gedanke und die damit verbundene Energie waren ausgesendet.
Einige Wochen und rund 1.500 km später, stehe ich am Arc de Triomphe in Paris. Ich überzeuge mich mit eigenen Augen, ob die Gravur auch wirklich vorhanden ist und ob die Meister von damals sich auch entsprechend Mühe damit gegeben haben.
Tatsächlich – dort steht er, der Name „Wurschen“, eingemeißelt und festgehalten für die Ewigkeit. Achte auf Deine Gedanken – es könnte sein, dass sie wahr werden. Eben noch hatte ich vorsichtig daran gedacht, stehe ich im nächsten Moment davor.
Ich blicke auf den Triumphbogen und ein Gedanke geht mir durch den Kopf.
„Was, wenn Napoleon nicht gewesen wäre?“
Und genauso wie mich die Gedanken nach Paris führten, so sollten sie mich noch viel weiter führen und für einmallige Erlebnisse und echte Schlüsselmomente sorgen.

Dirk Naumann, geboren und aufgewachsen in Torgau / Sachsen, lebt nach Stationen in Düsseldorf und Monaco heute in München. 2020, während der Pandemie, brach er auf, zu einer mehr als 3.600 Kilometerlangen Pilgerreise durch vier Länder Westeuropas. Zu Fuß, ohne Vorbereitung und Erfahrung. Aus den Notizen dieser Reise entstand ein persönliches Buch, dass seine gleichzeitig seine Premiere als Autor darstellt.