Dirk Naumann
Bad Ems: The imperial spa
Und dann Bad Ems. Der Name klingt schon nach schwerem Samtvorhang und goldenen Lettern. Eine Stadt, die einst Imperial Spa, Kaiserbad genannt wurde, Sommerhauptstadt Europas. Heute UNESCO-Weltkulturerbe.
Ich lief hinein wie ein Pilger, der versehentlich ins 19. Jahrhundert gestolpert war. Links und rechts: Gebäude wie Paläste, Grand Hotels mit Fassaden so breit wie Bühnenbilder, Kolonnaden und Rundbögen, üppige Gärten mit alten Bäumen. Weiße Bänke, Springbrunnen, als hätten sie nie aufgehört zu plätschern. Hier waren der noble Charme und die mondäne Vergangenheit noch spürbar.
Es war, als könnte man sie noch sehen – die Eleganten, die Einflussreichen, die mit dem Glas Wasser in der Hand durch die Alleen flanierten. Könige, Politiker, Dichter, Maler. Schlückchen trinken, Mienen verziehen, von Heilwirkung reden. Ein Theaterstück aus einer Epoche, die gleichzeitig nah und unendlich fern schien.
Und mitten in dieser mondänen Kulisse – Weltpolitik. Sommer 1870 – hier, in Bad Ems, wurde die „Emser Depesche“ formuliert. Ein paar nüchterne Zeilen, verschickt aus einem Kurort, die reichten, um einen Krieg auszulösen. Den Deutsch-Französischen Krieg. Ein Telegramm wie ein Streichholz, das ins Pulverfass fällt.
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Dirk Naumann, geboren und aufgewachsen in Torgau / Sachsen, lebt nach Stationen in Düsseldorf und Monaco heute in München. 2020, während der Pandemie, brach er auf, zu einer mehr als 3.600 Kilometerlangen Pilgerreise durch vier Länder Westeuropas. Zu Fuß, ohne Vorbereitung und Erfahrung. Aus den Notizen dieser Reise entstand ein persönliches Buch, dass gleichzeitig seine Premiere als Autor darstellt.

