{{title:words:5}} Vom: 5. November 2025

Update: 6. November 2025
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Magie Jakobsmuschel

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Dirk Naumann

Lesedauer: 8 Minuten

Die Magie der Jakobsmuschel

An dieser Stelle, einige Gedanken zur Magie Jakobsmuschel. Die Jakobsmuschel, die gut sichtbar, i.d.R. am Rucksack befestigt ist, ist das äußere Erkennungs- und Unterscheidungsmerkmal zwischen einem Wanderer und einem Pilger auf dem Jakobsweg. Sie ist der Schlüssel, der Türen, Tore und Herzen öffnet. Es ist bemerkenswert, wie freundlich und hilfsbereit die Menschen sind, wenn sie die Muschel am Rucksack bemerken. Plötzlich ist die Frequenz eine andere. Diejenigen, die von der Bedeutung wissen, erkennen im Wanderer, der ein Pilger ist, jemanden auf religiöser und / oder spiritueller Mission.

Hierzu fallen mir die Reaktionen meines Bruders ein, mit dem ich in Deutschland, auf dem Mosel-Camino unterwegs war. Anfangs etwas widerwillig befestigte er eine „schwere“ Muschel an seinem ultra-leicht Rucksack, was ihm überflüssig vorkam. Gewicht, Gewicht! Als ihn die ersten fremden Pilger, Wanderer, Passanten, Gastgeber auf eine andere, teils sehr herzliche Art grüßten und wildfremde Menschen Unterstützung anboten, veränderte dies auch seine Wahrnehmung grundlegend. Verwundert rieb er sich immer wieder die Augen …

Selbst ging es mir anfangs genauso. Zuvor war ich nie in Verbindung mit dem Pilgern gewesen und plötzlich wandert man los und erhält Angebote, Unterstützung oder andere Reaktionen, die einen manchmal nur staunen ließen. Beispiele, wie diese…

Deutschland

„Hallo, Herr Pilger! Benötigen Sie etwas Wasser?“ rief eine Dame vom Parkplatz aus und hob eine Wasserflasche in die Luft. Ein freundlicher Herr, auf seinem Fahrrad, rief beim Vorbeifahren zu. „Pilger! Guten Weg!“

In einem Biergarten gab es ein Bier aufs Haus. Der Kellner kam zu mir und sprach: „Das geht aufs Haus. Der Senior-Chef ist auch Pilger. Er sitzt dort hinten.“ Ein freundlicher Herr nickte mir aus einiger Entfernung zu.

Mir wurde unerwartete Unterstützung zuteil. Ein Radfahrer hielt an und gab mir von seinen Einkäufen eine Flasche Wasser und einen Schokoriegel. Er sprach mich nur an, wegen der Muschel, sagte er.

In verschiedenen Kirchen erhielt ich freien Eintritt und einen wunderbaren Stempel. Nicht nur einmal, sondern regelmäßig kam ich noch in den Genuss einer kurzen, exklusiven Führung oder einer Übernachtung.

Ich schloss Freundschaft mit einem kleinen, neugieren Jungen, der mit auf seinem Fahrrad verfolgte. Irgendwann fragte er mich, warum ich so eine komische Muschel am Rucksack festgemacht habe.

Eine Dame blieb extra stehen und wartete einige Minuten, um mir hundert Meter entfernt, wild gestikulierend zu signalisieren, an der richtigen der vielen nicht ausgeschilderten Abzweigungen in den Wald zu gehen.

Frankreich

Beim Heraustreten aus einer Herberge fuhr eine Gruppe Radfahrer an mir vorbei. Ich drehte mich um, um die Tür zu schließen. Mein Rucksack mit Muschel zeigte nun in Richtung Straße, in Richtung der Radfahrer. Wie auf Knopfdruck riefen alle im Chor: „Bon Chemin / Buon Camino!“ + Daumen nach oben.

In einem Supermarkt. Ein älteres Paar. Sie lächelte und nickte mir langsam und bedeutungsvoll zu und wünschte: „Bon Chemin Monsieur“. Von ihm gab es einen Schulterklopfer und einen erhobenen Daumen.

Zwei Radfahrer fuhren an mir vorbei und stoppten nach einigen Metern ihre Fahrt. Sie waren irritiert, einen Pilger zu sehen, während der Pandemie. Sie wären auch so gerne in diesem Jahr gepilgert zur Pensionierung. Jedoch hatten sie sich für Sicherheit entschieden und blieben zu Hause.

Ich erhielt die einzig verfügbare Unterkunft, in einem Hotel, welches eigentlich geschlossen hatte – weil der Inhaber eine besondere Verbindung zu Pilgern hatte. Ein anderes Mal übernachtete ich im Keller einer Schule. Auch hier war die Muschel der Schlüssel. Einmal ging es mit Maske in eine Polizeistation in Frankreich. Die Muschel sorgte für entspannte Gesichter.

Marie-Jeanne drückte es auf ihre Art aus. Sie sagte, sie nimmt nur Pilger auf, keine Wanderer. Warum? Weil die Energie bei Pilgern eine andere ist. Pilger sind auf einem Pfad der Suche und der Findung. Sie bewegen sich auf einer anderen energetischen Frequenz.

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Dirk Naumann, geboren und aufgewachsen in Torgau / Sachsen, lebt nach Stationen in Düsseldorf und Monaco heute in München. 2020, während der Pandemie, brach er auf, zu einer mehr als 3.600 Kilometerlangen Pilgerreise durch vier Länder Westeuropas. Zu Fuß, ohne Vorbereitung und Erfahrung. Aus den Notizen dieser Reise entstand ein persönliches Buch, dass gleichzeitig seine Premiere als Autor darstellt.

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Mein Buch: Freigelaufen

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